RECHTSANWALTSKANZLEI JÜRGEN RAPP

Drohung mit Veröffentlichung von Nacktbildern auf Facebook kann Versuch einer sexuellen Nötigung darstellen

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat im Rahmen eines jüngst veröffentlichten Urteils (Urt. v. 09.04.2019, Az.: 3 RVs 10/19) entschieden, dass sich derjenige, der einer minderjährigen Schülerin mit der Veröffentlichung von Nacktbildern auf Facebook droht, um sie zu „sexuellen Handlungen“ zu bewegen, wegen versuchter sexueller Nötigung strafbar macht. Deshalb hob das Gericht einen Freispruch des zweitinstanzlich zuständigen Landgerichts in Bielefeld auf, das zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Schwelle zu einem strafbaren Versuch noch nicht überschritten worden sei, nachdem das erstinstanzlich zuständige Amtsgericht in Herford zuvor den Angeklagten sogar wegen einer versuchten Vergewaltigung verurteilt hatte. Der zur Tatzeit 27-jährige Angeklagte und die damals 16-jährige Schülerin schrieben sich über den „WhatsApp“ Nachrichten, wobei sich die Schülerin in den Angeklagten verliebte. Auf dessen Initiative hin tauschten sie Anfang 2017 auch Nacktfotos über den Messenger-Dienst aus. Als die ersten Nacktfotos verschickt wurden, kam es von Seiten des Angeklagten zu ersten sexuellen Anspielungen. Als das Mädchen sich weigerte, auf die Anspielungen einzugehen, drohte ihr der Angeklagte, die ihm übermittelten Fotos bei Facebook zu veröffentlichen oder auszudrucken, und sie in ihrer Schule auszuhängen. Hierdurch fühlte sich die Schülerin verständlicherweise massiv unter Druck gesetzt und offenbarte sich schließlich Mitte Juni 2017 der Polizei, wo sie Anzeige erstattete. Bei der anschließenden Durchsuchung händigte der Angeklagte den Polizisten sein Handy aus, auf welchem sich noch fünf Nacktbilder des Mädchens befanden. In erster Instanz verurteilte ihn das Amtsgericht (AG) Herford im März 2018 wegen versuchter Vergewaltigung zu einer sechsmonatigen Freiheitsstrafe, die der Angeklagte nicht akzeptierte. Auf seine Berufung hin hob das Landgericht (LG) Bielefeld die erstinstanzliche Entscheidung auf und sprach den Angeklagten frei, weil dieser nach Auffassung des Landgerichts nach seiner Vorstellung von der Tat noch nicht unmittelbar zur Verwirklichung einer sexuellen Nötigung angesetzt habe. Die Staatsanwaltschaft sah dies wiederum anders und legte gegen das Urteil Revision ein, in dessen Verlauf das nun zuständige OLG Hamm zu dem Ergebnis kam, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des LG Bielefeld zurückzuverweisen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes habe der Täter nämlich regelmäßig die für den Versuchsbeginn maßgebliche Schwelle dann überschritten, wenn er – wie hier – bereits ein Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes verwirklicht habe. Dadurch, dass der Angeklagte dem Opfer mit der Veröffentlichung der Nacktbilder gedroht habe, habe der Angeklagte eine Nötigungshandlung im Sinne des § 177 Abs.2 Nr. 5 des Strafgesetzbuches (StGB) begangen und damit auch ein gesetzliches Tatbestandsmerkmal bereits verwirklicht. Durch die Nötigungshandlung, so das Gericht weiter, habe der Angeklagte die sexuelle Selbstbestimmung als Schutzgut des § 177 StGB der damals noch minderjährigen Schülerin auch unmittelbar gefährdet. Nicht erforderlich war es nach Ansicht der Richter, dass der Angeklagte die Zeugin hierzu bei sich zu Hause aufgesucht habe (15.08.2019 ra).

Schreibe einen Kommentar