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Wie viele Schlüssel kann ein Mieter eigentlich verlangen?

Welcher Mieter kennt das nicht: Man benötigt nicht nur für sich selbst, sondern möglicherweise auch für den Briefträger, die Putzfrau, für Bekannte oder das Pflegepersonal weitere Haus- und Wohnungsschlüssel. Viele Vermieter haben aber Bedenken und schieben Sicherheitsbedenken vor, sie befürchten, dass durch eine ausufernde Weitergabe von Haus- und Wohnungsschlüsseln ein unkontrollierter Zugang zum Wohnhaus drohe. Wie sieht da die Rechtslage aus, hat ein Mieter gegenüber seinem Vermieter einen Anspruch auf weitere Schlüssel zur freien Verfügung? Wie viele Schlüssel stehen ihm überhaupt zu? Nun, ein Mieter hat zunächst einmal einen Anspruch auf Übergabe so vieler Schlüssel, wie es Bewohner der Mietwohnung gibt (Landgericht (LG) Berlin, Beschluss vom 20.06.1985, Az. 61 T 32/85). Aber auch bei einem Singlehaushalt kann der Mieter zumindest zwei Haus- und zwei Wohnungsschlüssel verlangen, da ihm die Möglichkeit eingeräumt werden muss, beispielsweise einer Person seines Vertrauens bei längerer Abwesenheit des Mieters einen Schlüssel zu überlassen (Amtsgericht (AG) Schöneberg, Urteil vom 09.10.1990, Az. 103 C 406/90). Hat der Vermieter nicht genügend Schlüssel vorrätig, muss er sie grundsätzlich auf eigene Kosten anfertigen lassen. Darüber hinaus kann ein Mieter in der Regel von seinem Vermieter so viele weitere Schlüssel verlangen, wie er tatsächlich benötigt, muss dann aber die Herstellungskosten dafür übernehmen (LG Darmstadt, Urteil vom 24.06.1974, Az. 17 S 89/74) und alle Schlüssel nach Beendigung des Mietverhältnisses natürlich dem Vermieter auch wieder zurückgeben. Es steht dem Mieter auch vollkommen frei, ob er die Zusatzschlüssel etwa für das Pflegepersonal (AG Neuenahr-Ahrweiler, Urteil vom 17.08.1994, Az. 3 C 575/94), die Putzhilfe oder Tagesmutter (AG Karlsruhe, Urteil vom 27.10.1995, Az. 12 C 319/95), den Postboten oder Zeitungszusteller (AG Wedding, Urteil vom 10.10.1985, Az. 2 C 332/85 und AG Mainz, Urteil vom 03.07.2007, Az. 80 C 96/07) benötigt. Ein Mitspracherecht des Vermieters gibt es dabei nicht. Kommt es aber zu Zwischenfällen wegen der Zusatzschlüssel, kann sich der Vermieter an den Mieter halten. Auch eine in hohem Alter befindliche Mieterin hat einen Anspruch auf Aushändigung weiterer Schlüssel, um damit dem Pflegedienst oder ihrem Sohn den Zugang zur Wohnung zu ermöglichen. Die Kosten für die Schlüsselanfertigung hat auch hier die Mieterin zu tragen (AG Gelsenkirchen, Urteil vom 05.08.2014, Az. 210 C 147/13). Verweigert der Vermieter seinem Mieter weitere Schlüssel, kann der Mieter, gestützt auf § 535 BGB, grundsätzlich Klage auf Herausgabe von Zusatzschlüsseln erheben. Zudem soll er nach Ansicht des LG Bonn die Möglichkeit haben, die Miete zu mindern. In einem gerichtlich entschiedenen Fall verlangten die Mieter einen weiteren Garagenschlüssel. Der Vermieter weigerte sich jedoch, dem nachzukommen. Das Gericht (LG Bonn, Urteil vom 01.02.2010, Az. 6 S 90/09) hielt deshalb eine Minderungsquote von 5 % für angemessen (24.08.2022 ra).