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Vom „Dieselskandal“ betroffener Fahrzeugkäufer muss vor Rücktritt vom Kaufvertrag dem Verkäufer ausreichende Gelegenheit zur Nacherfüllung geben

Das Saarländische Oberlandesgericht (OLG) hat durch Urteil vom 14.02.2020 (Az.: 2 U 104/18) entschieden, dass der Käufer eines vom „Abgasskandal“ betroffenen Fahrzeugs keinen Rücktritt vom Kaufvertrag geltend machen kann, wenn er nicht dem Verkäufer zuvor eine ausreichende Gelegenheit zur Nacherfüllung eingeräumt hat. Eine Frist von zwei Wochen ist nach Auffassung des Gerichts insoweit nicht ausreichend. Der Kläger, der im Jahr 2017 einen Porsche Cayenne 3,0 Liter Diesel (Abgasnorm Euro 6) als Gebrauchtwagen zu einem Preis von EUR 63.000,00 erworben hatte, nahm das beklagte Autohaus aus kaufrechtlicher Gewährleistung auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch. Zur Begründung führte er aus, dass das Kraftfahrt-Bundesamt wegen einer bei diesem Fahrzeugtyp verbauten Motorsteuerungsgeräte-Software, durch die die Stickoxidwerte im Vergleich zwischen Prüfstandlauf und realem Fahrbetrieb verändert werden, Beanstandungen erhoben hatte, sodass der Kläger dann zeitnah den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt hatte. Das beklagte Autohaus hatte nun aber eine Rückabwicklung des Kaufvertrags unter Hinweis auf eine bevorstehende Rückrufaktion, bei der die beanstandete Software durch Aufspielen eines Software-Updates ausgetauscht werden sollte, abgelehnt. Das wiederum wollte der Käufer nicht akzeptieren und erhob Klage zum Landgericht (LG) Saarbrücken, das wiederum der Klage in erster Instanz statt gab. Die hiergegen gerichtete Berufung des beklagten Autohauses hatte Erfolg und das Saarländische Oberlandesgericht wies in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung die Klage des Fahrzeugkäufers ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass das Rückabwicklungsverlangen des Klägers unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Mangels des Fahrzeugs daran scheitere, dass der Kläger dem Autohaus vor Erklärung des Rücktritts keine ausreichende Gelegenheit zur Nacherfüllung eingeräumt habe. Die durch den Kläger gesetzte Frist von lediglich zwei Wochen sei nicht ausreichend und eine hierdurch automatisch in Lauf gesetzte „angemessene“ Frist sei zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung noch nicht abgelaufen gewesen. Das OLG wies den Kläger ergänzend darauf hin, dass in diesem Zusammenhang insbesondere zu berücksichtigen sei, dass das Autohaus bei der Nachbesserung auf die Mitwirkung des Herstellers angewiesen gewesen sei, der seinerseits die Rückrufaktion in Abstimmung mit dem Kraftfahrtbundesamt habe vorbereiten müssen. Da die Beklagte den Kläger hierüber sowie über ihre Bereitschaft zur Nachbesserung informiert habe, sei diesem ein Zuwarten von mindestens drei Monaten zumutbar gewesen, zumal er das Fahrzeug in der Zwischenzeit ohne Gebrauchsbeeinträchtigung habe nutzen können (16.04.2020 ra).