Rekord beim sogenannten „letzten Wort“: Im deutschen Strafprozess gewährt die Strafprozessordnung (StPO) dem Angeklagten in der Hauptverhandlung nach den Schlussvorträgen und vor der Urteilsfindung das sog. „letzte Wort“, das in der Vorschrift des § 258 Abs. 2 StPO verankert ist. Das letzte Wort ist nicht auf den Verteidiger übertragbar und kann daher nur persönlich wahrgenommen werden. Fünf Tage lang hatte nun ein 71-jähriger Angeklagter in einem Verfahren vor dem Landgericht (LG) Hamburg dieses Recht wahrgenommen, ehe die zuständige Strafkammer dann endlich das Urteil fällen und eine Freiheitsstrafe von zwölfeinhalb Jahren und anschließende Sicherungsverwahrung unter anderem wegen schwerer räuberischer Erpressung und versuchten Mordes (Urt. v. 07.10.2019, Az. 604 Ks 3/19) verhängen konnte. Der Angeklagte hatte zwischen 2011 und 2019 drei Hamburger Sparkassenfilialen überfallen und dabei etwa EUR 25.000 erbeutet, wobei er bei einem seiner Taten auf einen Bankmitarbeiter geschossen und diesen schwer verletzt hatte. Das Opfer überlebte nur aufgrund einer Notoperation. Die ihm zur Last gelegten Taten hatte der Angeklagte während des Prozesses gestanden, dabei aber eine Tötungsabsicht bestritten. Die Kammer ging hingegen von einem bedingten Tötungsvorsatz und einem versuchten Mord aus Habgier und zur Ermöglichung einer Straftat aus. Bevor das Gericht nun aber ein Urteil fällen konnte, musste die vorsitzende Richterin dem Angeklagten das letzte Wort am fünften Tage (!) entziehen. Das Gericht führte insoweit aus, dass der Mann das ihm zwar grundsätzlich zustehende Verfahrensrecht für weitschweifende Ausführungen und Befangenheitsanträge genutzt habe. Am zweiten Verhandlungstag nach den Plädoyers der Anklage und der Schlussanträge der Verteidigung hatte die Staatsanwaltschaft genug von den letzten Worten des Angeklagten und stellte deshalb einen Antrag, dem Angeklagten nun aufzuerlegen, sein letztes Wort innerhalb der nächsten beiden Verhandlungstage zu beenden. Als der 71-Jährige dann aber am fünften Tag, die Verhandlung fand jeweils von 09:00 Uhr morgens bis 15:00 Uhr nachmittags statt, nicht zum Ende kommen wollte, unterbrach die Vorsitzende den Angeklagten und erläuterte diesem, dass sich sein Verhalten als rechtsmissbräuchlich darstelle. Der Angeklagte habe bereits während des Prozesses immer wieder mit langen Monologen Stellung zu den Ermittlungen, der Berichterstattung über ihn, dem Gutachten eines Psychiaters sowie seinen Überfällen genommen. Einsichtig habe sich der Angeklagte dabei nicht gezeigt und während der Urteilsverkündung auch der vorsitzenden Richterin mehrfach dazwischengeredet. Der 71-Jährige habe sich, so wird weiter berichtet, sogar darüber gefreut, dass er sogar \“den Rekord im letzten Wort\“ gebrochen habe. Gegen das Urteil selbst will der Angeklagte übrigens Rechtsmittel einlegen, man darf gespannt sein, wie sich dieses Verfahren dann entwickeln wird (24.10.2019 ra).