RECHTSANWALTSKANZLEI JÜRGEN RAPP

Nackt auf dem eigenen Balkon?

Eine Frage, die sich an „heißen Tagen“ nahezu zwangsläufig aufdrängt: Darf man in den eigenen vier Wänden oder im eigenen Garten eigentlich nackt herumlaufen? Und ist kleidungsloses Sonnen auf dem eigenen Balkon eigentlich erlaubt? Könnte man meinen. Ganz so einfach ist es jedoch nicht. Natürlich darf man in seinen eigenen vier Wänden grundsätzlich tun und lassen, was man möchte – solange die Handlung nicht gegen ein Gesetz oder die geltende Hausordnung verstößt. Und das wiederum gilt prinzipiell auch für den Garten oder den eigenen Balkon. Hält man sich aber nackt im Garten auf, kann das durchaus eine Ordnungs­wid­rigkeit darstellen. Wer sich oben ohne sonnt, sich nackt in der Außendusche oder im Pool erfrischt oder textilfrei auf dem Balkon entspannt, begeht keine Straftat. In den meisten Fällen ist es auch keine Ordnungs­wid­rigkeit, allerdings entscheidet hier der Einzelfall. So können sich nämlich andere Mieter, Nachbarn oder Passanten durch zu viel Nacktheit berechtigt gestört fühlen, sodass das freizügige Sonnenbaden zur „Belästigung der Allgemeinheit“ führt. Dann ist „zu viel Nacktheit“ eben doch eine Ordnungs­wid­rigkeit und kann mit einem Bußgeld zwischen EUR 5,00 und EUR 1.000,00 bestraft werden. Wer seinen Körper auf dem Balkon oder im Garten frei zur Schau stellt, muss übrigens auch mit Blicken der Nachbarn rechnen – und diese auch akzeptieren. Nur dann, wenn Nachbarn oder Passanten gezielt in ein Fenster schauen oder in die Wohnung hineinfilmen, geht das zu weit. Die Bewohner können dann auf Unterlassung klagen (OLG München, Urt. v. 27. September 2005; Az.: 32 Wx 65/05). Wer sich gerne nackt sonnt, aber neugierige Blicke vermeiden will, kann am Balkon einen Sichtschutz anbringen. Dieser ist zumindest dann erlaubt, wenn die Verkleidung zum Stil des Hauses passt, entschied zumindest das Amtsgericht (AG) Neubran­denburg (Urt. v. 10. Oktober 2006; Az.: 6 C 162/06). Darüber sollten insbesondere Mieter, die sich gerne textilfrei auf dem Balkon aufhalten, nachdenken. Denn bei der Frage, wie viel Nacktheit erlaubt ist, kann es für sie um mehr als Bußgelder und Ordnungs­wid­rig­keiten gehen: Wenn dadurch nämlich der Hausfrieden gestört oder die Hausordnung verletzt wird, kann der Vermieter dem „Störer“ theoretisch kündigen. Ein Gericht im Saarland hat die Kündigung eines Vermieters allerdings gekippt. Dabei ging es um eine Mieterin, die sich im Freien hin und wieder ausgiebig nackt räkelte und vom Vermieter mit der Begründung gekündigt wurde, ihre freizügigen Sonnenbäder hätten für Gesprächsstoff in der dörflichen Nachbar­schaft gesorgt und dadurch den Hausfrieden gestört. Das Argument ließ das AG Merzig jedoch nicht gelten – und gab der Mieterin Recht (Urt. v. 5. August 2005; Az.: 23 C 1282/04). Nacktsein ist übrigens das eine, wer aber Sex auf dem Balkon hat, sollte gewarnt sein und ein Blick auf die Entscheidung des AG Bonn werfen (Az: 8 C 209/05): In diesem Fall vergnügte sich die Mieterin eines Mehrfa­mi­li­en­hauses auf dem Balkon mit ihrem Freund, sodass sich die Nachbarn daraufhin beim Vermieter beschwerten, der die Mieterin abmahnte. Zu Recht sagten die Richter: Sex auf dem Balkon könne den Hausfrieden stören. Hinzu komme, dass der betreffende Balkon von einem Kinder­spielplatz aus einsehbar sei. Zwar lässt sich daraus noch kein generelles Verbot ableiten. Doch wer sich sexuell auf seinem Balkon oder seinem Garten vergnügt, sollte sicher­stellen, dabei erstens nicht gesehen werden zu können und zweitens auch nicht anderweitig die Aufmerk­samkeit der Nachbarn auf sich zu ziehen, beispielsweise durch eine entsprechende Akustik. Sollte man sich ein paar Mal nackt auf dem Balkon gesonnt und nun Ärger mit dem Vermieter oder als Vermieter freizügige Mieter haben, die den Hausfrieden stören: Hier hilft der Anwalt Ihres Vertrauens, den man auch bei derart delikaten Rechtsfragen rechtzeitig konsultieren sollte (22.06.23 ra).