Na, wie hätten Sie entschieden? Wenn ein Nachbar Wertgegenstände im Rahmen eines Nachbarschaftsverhältnisses verwahrt und diese Dinge dem Nachbarn dann abhandenkommen, kann sich die Frage stellen, ob der Nachbar auf Schadensersatz haftet. Folgendes war in dem vom Landgericht (LG) Offenburg tatsächlich entschiedenen Fall geschehen: Nach einem Schlaganfall musste ein Mann stationär in ein Krankenhaus aufgenommen werden. Er befürchtete, an den Folgen des Schlaganfalls zu sterben. Deshalb bat er seinen langjährigen Nachbarn, die im Wohnhaus versteckten Wertgegenstände zu holen und bei sich aufzubewahren. Der Nachbar legte deshalb die Gegenstände in seinen Waffenschrank, der sich wiederum im Keller seines Wohnhauses befand, wo er neben Waffen und Munition auch Bargeld im Wert von 30.000 € lagerte. Unglücklicherweise musste sich nun aber auch der Nachbar stationär in ein Krankenhaus begeben, während dieses Zeitraums kamen die Wertgegenstände des Mannes aus unbekannten Gründen abhanden. Der Waffenschrank war zwar stets verschlossen, den Schlüssel für den Schrank hatte der Nachbar jedoch in einem Kellerraum versteckt. Darüber hinaus hatte er die Schlüssel zur Kellertür in einem Blumentopf in einem zum Anwesen gehörenden Schuppen versteckt. Deshalb klagte der enttäuschte Nachbar schließlich auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von über EUR 280.000,00. Diese Klage hat das Landgericht abgewiesen (Urt. v. 31.03.2022, Az.: 2 O 249/21) und den enttäuschten Nachbarn darauf hingewiesen, dass ihm kein vertraglicher Schadenersatzanspruch gemäß §§ 280, 688 BGB zustehe, da zwischen den Parteien kein Verwahrungsvertrag zustande gekommen sei. Denn die Wertgegenstände seien lediglich aus Gefälligkeit im Rahmen des langjährigen Nachbarschaftsverhältnisses entgegengenommen worden, wofür insbesondere spreche, dass der Beklagte die Aufbewahrung unentgeltlich vorgenommen und kein eigenes wirtschaftliches oder rechtliches Interesse an der Aufbewahrung gehabt habe. Zudem spreche das hohe Haftungsrisiko gegen eine vertragliche Haftungsübernahme. Auch ein deliktischer Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB scheide aus, da im Rahmen eines Gefälligkeitsverhältnisses entsprechend § 690 BGB nur eine Haftung für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit bestehen könne. Ein derartiger Vorwurf falle dem Beklagten hier allerdings nicht zur Last. Insbesondere sei es nicht grob fahrlässig, den Schlüssel für die Kellertür in einem Blumentopf in einem Schuppen und den Schlüssel für den Waffenschrank in einem Kellerraum zu verstecken. Dementsprechend könne dem Beklagten nur einfache Fahrlässigkeit vorgeworden werden, sodass er dem Nachbarn nicht auf Schadensersatz hafte. Ob alle Landgerichte diese Schlussfolgerung teilen würden, dürfte allerdings fraglich sein (28.07.2022 ra).