Am 30. September wird erstmals in Deutschland eine Verbraucherklage gegen Volkswagen vor Gericht verhandelt werden, mehr als 430.000 Kläger sollen sich dem Verfahren angeschlossen haben und tausende Eigentümer entsprechender Dieselfahrzeuge warten gespannt auf die Entwicklung und das Ergebnis dieses Verfahrens. Immer wieder taucht die Frage auf, ob eine Musterfeststellungsklage der richtige Weg ist, Ansprüche gegenüber einem Fahrzeughersteller durchzusetzen. Nun, die Musterfeststellungsklage ist zunächst einmal nichts anderes als eine Klage nach dem Motto „Einer-für-alle“. Ein Verbraucherschutzverband kann für eine Gruppe von Betroffenen Klage erheben und eine grundsätzliche Klärung einer oder mehrerer Rechtsfragen herbeiführen. Auf unmittelbaren Schadensersatz dürfen Dieselfahrer allerdings nicht hoffen, es geht bei dem Verfahren zunächst einmal „nur“ darum, ob VW unrechtmäßig gehandelt hat, sodass den einzelnen Kunden kein Anspruch auf Geld oder eine Rückabwicklung des Kaufvertrags zugesprochen wird. Hierzu müssten sie, wenn das Musterfeststellungsverfahren entsprechend enden sollte, mit dem Musterurteil im Rücken dann selbst noch einmal vor Gericht ziehen. Bereits heute wäre ein Vergleich zwischen VW und der Verbraucherzentrale grundsätzlich möglich (und würde dann auch für alle angemeldeten Verbraucher gelten). Derzeit scheint VW aber den Standpunkt einzunehmen, dass wegen der hohen Zahl der (Mit-)Kläger und den unterschiedlichen Fallkonstellationen ein Vergleich kaum vorstellbar sei. Die Erfolgsaussichten der Musterfeststellungsklage werden sehr unterschiedlich beurteilt, die Anwälte des Verbraucherschutzverbandes sind wohl zuversichtlich, spätestens in der zweiten Instanz Recht zu bekommen, VW stellt sich dagegen auf den Standpunkt, dass die Autos trotz der im Dieselskandal aufgeflogenen Abschalteinrichtung der Abgasreinigung technisch sicher seien und im Verkehr genutzt würden, sodass die Kunden keinen Schaden erlitten hätten. Das Prozesskostenrisiko trägt allein der Bundesverband der Verbraucherzentralen, verliert dieser allerdings, sind grundsätzlich einmal alle, die im Klageregister stehen, an diese Entscheidung gebunden. Das Hauptproblem der Musterfeststellungsklage dürfte darin liegen, dass es Jahre dauern wird, bis Dieselfahrer wissen, ob sie Schadenersatz erhalten oder nicht. Bereits für das erstinstanzliche Verfahren wird mit einer Verfahrensdauer von bis zu zwei Jahren gerechnet, ein sich hieran anschließendes Rechtsmittelverfahren könnte durchaus weitere zwei Jahre oder länger in Anspruch nehmen. Anschließend müssten die Verbraucher im ungünstigsten Fall dann noch selbst vor Gericht ziehen, was deshalb ein Problem darstellt, weil es während der langen Verfahrensdauer wahrscheinlich erscheint, dass ein Nutzungsersatz für die in der Zwischenzeit gefahrenen Kilometer abgezogen wird, sodass die meisten der betroffenen Fahrzeuge, jedenfalls nach Auffassung des Herstellers VW, bei Verfahrensabschluss nur noch einen geringen Restwert aufweisen dürften. Allerdings fordern die Verbraucherzentralen auch Zinsen von VW, was durchaus zu einer schnelleren Verfahrenserledigung führen könnte. Als Alternative könnte es sich auf jeden Fall anbieten, einzeln gegen VW vorzugehen, jedenfalls dann, wenn man über eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung verfügt. Dann nämlich trägt man grundsätzlich kein Kostenrisiko und könnte den Verfahrensgang selbst beeinflussen. Möglich ist es auch, mit Unterstützung eines „Prozessfinanzierers“ Klage zu erheben, der – allerdings gegen Abzug einer entsprechenden Provision – das finanzielle Risiko übernimmt, andererseits aber auch beispielsweise die taktische Marschroute im Verfahren vorgibt. Mittlerweile erreichen übrigens immer mehr individuell eingereichte Klagen die letzte Instanz, höchstrichterliche Entscheidungen werden sehnsüchtig erwartet, weil die Instanzgerichte grundsätzliche Rechtsfragen bisher unterschiedlich beantwortet haben. Es bleibt also spannend und wir werden die weitere Entwicklung für Sie im Auge behalten (19.09.2019 ra)