RECHTSANWALTSKANZLEI JÜRGEN RAPP

Sind Toilettenaufenthalte eigentlich Pausen und werden sie bezahlt?

Wie nett Anwälte einer Kanzlei teilweise untereinander agieren, zeigt folgender Sachverhalt: Hintergrund des gerichtlich tatsächlich entschiedenen Falls war gewesen, dass ein angestellter Rechtsanwalt mit einem Monatsgehalt von etwa EUR 3.000,00 brutto im Monat noch nicht einmal EUR 2.000,00 abgerechnet und ausbezahlt erhielt. Der Rest der Vergütung wurde von der Anwaltskanzlei als Arbeitgeberin dem angestellten Anwalt vorenthalten mit der ernstgemeinten Begründung, der Anwalt habe während der Dauer seines Arbeitsverhältnisses pflicht- und vertragswidrig erhebliche Arbeitszeit über das übliche Maß hinaus auf der Toilette verbracht. Insoweit schulde die Arbeitgeberin keine Vergütung und rechne mit entsprechenden Beträgen auf. Die Arbeitgeberin, immerhin eine Anwaltskanzlei, ließ es sich nicht nehmen, durch zwei Mitarbeiterinnen, wobei es sich um zuverlässige und langjährig beschäftigte Rechtsanwaltsfachangestellte handelte, protokollieren zu lassen, wie lange der Kollege auf dem stillen Örtchen verbrachte. Im Zeitraum zwischen dem 8. Mai und dem 26. Mai belief sich die „Sitzungszeit“ insgesamt auf 384 Minuten. Nichts da, entschieden mehrere Gerichte. Häufige Toilettenbesuche, die nicht krankheitsbedingt sind, könnten zwar als Arbeitsverweigerung gewertet werden, das Gehalt dürfe alleine deswegen allerdings nicht gekürzt werden (Sozialgericht München, 04.07.2019 – Az.: S 40 U 227/18; Sozialgericht Heilbronn, 04.04.2018 – Az.: S 13 U 182/17 und Arbeitsgericht Köln, 21.01.2010 – Az.: 6 Ca 3846/09). Na, das ging für die Arbeitgeberin aber gründlich in die Hose… (09.06.2022 rt).