RECHTSANWALTSKANZLEI JÜRGEN RAPP

Ohne Hinweis verjähren Urlaubsansprüche nicht mehr

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat noch kurz vor Weihnachten 2022 ein Urteil veröffentlicht, das sich für viele Arbeitnehmer als echtes Weihnachtsgeschenk darstellen könnte: Ohne ausdrücklichen Hinweis beginnt die Verjährungsfrist für Urlaubsansprüche nicht mehr automatisch mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Eine Arbeitnehmerin aus Düsseldorf hatte über mehrere Jahre in der Steuerkanzlei, in der sie angestellt war, offene Urlaubsansprüche angesammelt und der Arbeitgeber zahlte ihr nun bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses EUR 3.201,38 als Abgeltung für 14 Tage Resturlaub. Das reichte der Bilanzbuchhalterin bei weitem nicht, sie vertrat nämlich die Auffassung, dass noch weitere 76 Urlaubstage offen seien und verlangte weitere EUR 17.376,64 von ihrem ehemaligen Arbeitgeber. Doch dieser berief sich wegen der zusätzlichen Abgeltung darauf, dass der Anspruch bereits verjährt sei. Die obersten Arbeitsrichter entschieden nun, dass dies nicht der Fall sei. Und das nun ist der Knackpunkt an dem Urteil, dass das BAG kurz vor Weihnachten noch veröffentlichte. Denn die Richter entschieden zwar, dass Ansprüche auf den gesetzlichen Mindesturlaub der üblichen Verjährung gem. §§ 214 Abs. 1, 194 Abs. 1 BGB unterliegen. Die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren beginnt bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB aber nicht automatisch mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Urlaub entstanden ist, sondern erst mit dem Ende des Jahres, nachdem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall seiner Urlaubsansprüche ausdrücklich hingewiesen und in die Lage versetzt hat, den restlichen Urlaub auch zu nehmen. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass ohne Hinweis des Arbeitgebers auf die noch offenen Urlaubsansprüche die Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt wird (BAG, Urteil vom 20.12.2022, 9 AZR 266/20). Da dieses Urteil die bisherige Verjährung von Urlaubsansprüchen auf den Kopf und deutsche Betriebe vor große Probleme stellt, hat die Entscheidung große praktische Bedeutung. Denn ab sofort sollten Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer schriftlich über noch offene Urlaubsansprüche aus dem laufenden Kalenderjahr informieren und auf deren drohenden Verfall ausdrücklich hinweisen. Andernfalls beginnt die Verjährungsfrist nicht wie bisher mit dem Ablauf des Jahres zu laufen (09.03.2023 ra).