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RECHT INTERESSANT: Taschenkontrollen im Supermarkt

In letzter Zeit soll es verstärkt vorkommen, dass Mitarbeiter in Einkaufs- oder Supermärkten einen Einblick in die Taschen der Kunden verlangen. Auch Kaufhausdetektive fordern Einblick in Rucksäcke und Taschen, wenn ein Diebstahl vermutet wird, sodass sich die Frage geradezu aufdrängt, ob Kunden einer solchen Taschenkontrolle zustimmen müssen oder ob sie verweigert werden darf. Nun, es kommt in der Regel darauf an! Eine Taschenkontrolle ist nach herrschender Meinung jedenfalls dann rechtswidrig und damit eigentlich nicht zulässig, wenn sie ohne einen konkreten Verdacht auf einen Diebstahl angeordnet wird, da die Durchsuchung einer Tasche in aller Regel einen ganz erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Kunden darstellt. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einer allerdings schon älteren Entscheidung so entschieden (Urteil vom 03.11.1993, Az. VIII ZR 106/93), sodass sich hieraus nach Meinung einiger Rechtsexperten auch die Rechtsfolge ergibt, dass eine entsprechende Regelung, die zur Duldung einer Taschenkontrolle auffordert, eigentlich unwirksam ist. Begründet wird dies damit, dass der Kunde durch eine derartige Anordnung unangemessen benachteiligt wird und demnach das Eigentumsrecht des Supermarktbetreibers zurückstehen muss (vgl. BGH, Urt. v. 03.07.1996, Az. VIII ZR 221/95). Lehnt ein Kunde die Durchsuchung im Supermarkt ab, so darf eigentlich nur die Polizei eine solche Maßnahme durchführen. Sollte ein Kaufhausdetektiv Gewalt anwenden und sich irren, könnte der unschuldige Kunde, der zu Unrecht festgehalten wurde, u.U. Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen geltend machen. Das hat jedenfalls das Amtsgericht (AG) Osnabrück in einer – allerdings ebenfalls recht betagten – Entscheidung (Urt. v. 21.11.1988, Az. 40 C 269/88) so geurteilt. Ob diese Rechtsgrundsätze heute immer noch gelten würden, steht auf einem anderen Blatt. Wie sieht es aus, wenn eine Verpflichtung der Kunden durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder durch eine Hausordnung angeordnet wird? Nun, wenn man obige Überlegungen zugrunde legt, spricht vieles dafür, dass eine entsprechende Regelung in den AGB oder der Hausordnung unwirksam wäre, jedenfalls dann, wenn sie eine Taschenkontrolle ohne konkreten Anfangsverdacht zulassen würde. Etliche Stimmen in der Rechtslehre gehen davon aus, dass dann, wenn ein Anfangsverdacht in die Anordnung aufgenommen würde, darüber hinaus sehr strenge Anforderungen an die Bestimmtheit und Eindeutigkeit einer solchen Anordnung zu stellen wären. Deshalb dürfte eine Regelung, wonach man um die Abgabe der Tasche „höflich bittet“, unwirksam sein. Denn „Empfehlungen“ oder Bitten haben regelmäßig keine rechtsgeschäftliche Bedeutung, sodass hieraus folgend die Weigerung eines Kunden zur Taschenkontrolle eigentlich nicht mit einem Hausverbot geahndet werden dürfte (vgl. BGH, Urt. v. 03.11.1993, Az. VIII ZR 106/93). Ob man es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung anlegen sollte, steht indes auf einem anderen Blatt, denn andere Rechtsmeinungen sind durchaus vorstellbar (19.10.2023 ra).

STRAßENVERKEHRSRECHT AKTUELL: Hohes Bußgeld bei nicht gebildeter Rettungsgasse

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hat entschieden, dass derjenige, der bei stockendem Verkehr nicht sofort dann, sobald Schrittgeschwindigkeit gefahren wird oder der Verkehr zum Stillstand kommt, eine Rettungsgasse bildet, u.U. mit recht unangenehmen Sanktionen rechnen muss (Beschluss vom 20.09.2022, Az.: 2 Ss OWi 137/22). Über den genauen Zeitpunkt, wann eine Rettungsgasse gebildet werden muss, hat das OLG ebenfalls entschieden: Sofort, sobald Schrittgeschwindigkeit gefahren wird oder der Verkehr zum Stillstand kommt. Es gibt also keine Überlegungsfrist. Was war geschehen? Ein Autofahrer war auf der mittleren Spur einer dreispurigen Autobahn gefahren. Plötzlich geriet der Verkehr baustellendingt ins Stocken, was den Kraftfahrzeugführer allerdings nicht dazu veranlasste, sich wie vorgeschrieben auf seiner Fahrspur rechts einzuordnen, sondern links blieb, wodurch er nach Ansicht der kontrollierenden Polizeibeamten die Rettungsgasse blockierte. Hiermit war der Betroffene nicht einverstanden und argumentierte, dass nach seinem Dafürhalten die Rettungsgasse erst nach einer gewissen Zeit des Stillstands hätte gebildet werden müssen. Dies sahen allerdings die Richter des Oberlandesgerichts anders und verurteilten den Autofahrer wegen des Nichtbildens einer Rettungsgasse zu einer Geldbuße von EUR 230,00. Da mittlerweile die Vorschriften sogar noch verschärft wurden, hätte dem Autofahrer nach heutigem Stand der Dinge auch noch ein Fahrverbot gedroht (19.10.2023 ra).