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MIETRECHT: Ist Grillen auf dem Balkon einer Mietwohnung generell erlaubt?

Grundsätzlich sollte eigentlich immer der zwischen Vermieter und Mieter geschlossene Mietvertrag die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien regeln, also u.a. auch festlegen, ob das Grillen auf dem Balkon einer Mietwohnung verboten ist oder nicht. Manchmal hilft aber auch ein (zusätzlicher) Blick in die Hausordnung weiter. Dabei stellen dann viele Mieter fest, dass in Mehrfamilienhäusern das Grillen auf Balkonen generell ausgeschlossen ist. Ein Mieter, der sich nicht daran hält, riskiert die Kündigung seines Mietverhältnisses. Das hat beispielsweise das Landgericht (LG) Essen so entschieden (Az.: 10 S 438/01). Wenn das Grillen nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist, muss es die Nachbarschaft in den Sommermonaten grundsätzlich hinnehmen. Aber leider gilt auch hier, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. Grundsätzlich gilt zwar, dass derjenige, der sich belästigt fühlt, einem Urteil des LG München I zufolge diese (vermeintliche) Belästigung auch beweisen muss (Az.: 15 S 22735/03). Man sollte aber des lieben Nachbarschaftsfriedens willen auf jeden Fall darauf achten, dass niemand durch die Rauch- (und teilweise auch die Lärm-)entwicklung auf dem Balkon gestört oder auf anderweitige Art und Weise belästigt oder gar geschädigt wird. Wer Beschwerden Anderer geflissentlich ignoriert, kann sogar mit einem Bußgeld belegt werden, befand zumindest das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf in einer allerdings schon älteren Entscheidung (Az.: 5 Ss (OWi) 149/95). Die Richter des LG Stuttgart lieferten in einer Entscheidung gleich auch noch Tipps zur Qualmminderung: Auf Kohle sollte verzichtet, auf Elektro umgestiegen und es sollten Alufolien und Aluschalen benutzt werden (Az.: 10 T 359/96). Das Umweltbewusstsein jedenfalls schien seinerzeit noch nicht so stark ausgeprägt gewesen zu sein wie heute. Und Achtung: Bei der Zahl der erlaubten Grillfeten pro Jahr gehen die Richtermeinungen weit auseinander: Während das LG München I großzügig ist und 16 Partys in vier Monaten akzeptiert hat, allerdings bereits im Jahr 2003 (Az.: 15 S 22735/03), sind nach Auffassung des OLG Oldenburg nur vier Grillfeste im Jahr erlaubt (Az.: 13 U 53/02). Das LG Aachen beschränkt Grillfreuden auf zwei Feiern im Monat und verbannt die Griller dabei in den hinteren Teil eines Gartens, sodass die Frage, ob das Grillen auf einem Balkon erlaubt sein könnte, nicht entschieden werden musste (Az.: 6 S 2/02). Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte vor dem Räucher-Event die örtlichen Vorschriften über die Gemeinde klären, seinen Mietvertrag gründlich prüfen und Rücksprache mit dem Vermieter bzw. der Hausverwaltung halten. Wenn dann auch noch potentiell betroffene Nachbarn zu der Grillfete eingeladen werden, kann Ärger von vornherein sicherlich vermieden werden (02.07.2020 ra).

ORDNUNGSWIDRIGKEITSRECHT: Stark blutender Finger rechtfertigt kein Rasen mit dem Auto

Ordnungswidrigkeiten wie Geschwindigkeitsüberschreitungen (und im Übrigen auch Straftaten) können u.U. dann gerechtfertigt sein, wenn ein sogenannter rechtfertigender Notstand vorliegt. Das Amtsgericht (AG) Frankfurt a.M. hat nun allerdings rigoros entschieden, dass ein blutender Finger, der im Krankenhaus behandelt werden muss, keine rasante Rennfahrt rechtfertigt. Der be­trof­fe­ne Autofahrer war auf dem Weg ins Kran­ken­haus viel zu schnell unterwegs, bei erlaubten 30 km/h war er mit mindestens 80 km/h gemessen worden. Er begründete dies damit, dass sich seine Frau in den Fin­ger ge­schnit­ten habe und die Wunde stark blu­te­te. Auf Vorhalt, weshalb er denn nicht auf einen Ret­tungs­wa­gen gewartet habe, entgegnete der Be­trof­fe­ne, dass sich bereits einige Monate zuvor ein Vorfall ereignet habe, bei dem der wegen Unterleibsschmerzen der Ehefrau gerufene Rettungswagen erst nach rund 40 Minuten eingetroffen sei. Deshalb habe er angesichts der stark blutenden Wunde nicht ein weiteres Mal hilflos warten wollen. Nichts da, meinte nun das AG Frankfurt a.M. und wies den Raser darauf hin, dass dieser Sachverhalt eine Ge­schwin­dig­keits­über­schrei­tung nicht ­recht­fer­tige (Ur­teil vom 22.03.2019, Az.:  971 Owi 955 Js-OWi 65423/19). Deshalb wurde der Betroffene zu einer Geldbuße von EUR 235,00 verurteilt. Gleichzeitig wurde ein ein­mo­na­ti­ges Fahr­ver­bot verhängt und der Schnellfahrer hat außerdem die Kosten des Verfahrens zu tragen. In seiner Begründung wies das Gericht den rasenden Autofahrer darauf hin, dass eine Not­stands­si­tua­ti­on nicht vor­ge­le­gen habe. Zwar könne grundsätzlich auch eine Ordnungswidrigkeit durch Notstand gemäß § 16 OWiG gerechtfertigt sein. Dies scheide nach Auffassung des Gerichts aber aus zwei Gründen aus: Einerseits habe schon keine gegenwärtige Gefahr für Leib oder Leben der Ehefrau vorgelegen, weil für den Betroffenen erkennbar weder der Tod noch eine sonstige Komplikation aufgrund der Verletzung ernsthaft zu erwarten gewesen seien. Hinzu komme, dass eine Rechtfertigung nur dann in Betracht komme, wenn die gegenwärtige Gefahr objektiv nicht anders hätte abgewendet werden können. Hier sei es dem besorgten Ehemann jedoch im Sinne eines alternativ rechtmäßigen Verhaltens zumindest zumutbar gewesen, ein Rettungsfahrzeug zu rufen. Der Betroffene muss nun deshalb eine empfindliche Geldbuße bezahlen und wird auch für einen Monat auf das Führer eines Kraftfahrzeugs verzichten und auf die Unterstützung seiner mittlerweile hoffentlich wieder vollständig genesenen Ehefrau zurückgreifen müssen (25.06.2020 ra).