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RECHT KURIOS: Schlaflos im Staatsdienst?

Eine höchst bemerkens- und auch lesenswerte Entscheidung musste das Sozialgericht (SG) Dortmund vor einigen Jahren einmal fällen (Urt. v. 23.09.1998, Az.: S 36 U 294/97), denn im Rahmen des zu entscheidenden Sachverhalts wurde der Richter vor die interessante Frage gestellt, ob es sich bei einem Nasenbruch, den sich ein – um das Klischee gänzlich zu erfüllen – übermüdeter Beamter deshalb zugezogen hatte, weil er während der Arbeitszeit einschlief und deshalb vom Stuhl fiel, nun um ein bloßes Missgeschick oder um einen Arbeitsunfall handelte. Der Beamte schlief, wie gesagt, an seinem Arbeitsplatz ein, fiel vom Stuhl, brach sich dadurch die Nase und wollte anschließend, dass die gesetzliche Unfallversicherung den Schaden bezahlt. Voraussetzung hierfür ist nun gewesen, dass es sich bei dem beschriebenen Vorgang um einen Arbeitsunfall handelte. Das SG Dortmund ließ Gnade walten und argumentierte, dass ein spontanes Einschlafen wegen Überarbeitung nun doch tatsächlich für einen Arbeitsunfall sprechen würde. Das Gegenteil habe sich nicht beweisen lassen und somit durfte sich der überarbeitete Beamte über eine Zahlung der Unfallversicherung freuen. Wie bereits aufgezeigt handelt es sich um eine recht betagte Entscheidung aus dem Jahr 1998, heute wäre ein derartiger Urteilsspruch sicherlich undenkbar und völlig ausgeschlossen, zumal es heute ja auch keine im Dienst einnickende Beamte mehr gibt… (13.07.23 ra).

STRAßENVERKEHRSRECHT AKTUELL: Interessante Entscheidung für „Alkoholsünder“

Eine für „Alkoholsünder“ interessante Entscheidung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) gefällt: Nach Meinung des Gerichts darf eine Fahrerlaubnisbehörde nach einem vorangegangenen Alkoholdelikt mit dem Auto das Fahren mit Fahrrädern oder E-Scootern nicht verbieten. Die derzeitige Rechtslage gestatte es den Fahrerlaubnisbehörden nicht, ein Fahrverbot für fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge wie Fahrräder oder E-Scooter zu verhängen (Urt. v. 17.04.2023, Az.: 11 BV 22.1234). Fahrerlaubnisbehörden können das Führen von Fahrzeugen nach der bundesweit geltenden Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) grundsätzlich verbieten, wenn sich jemand als hierzu ungeeignet erwiesen hat, was wiederum insbesondere durch Fahrten unter Alkohol- oder Drogeneinfluss der Fall sein kann. Umstritten ist dabei die Frage, unter welchen Voraussetzungen auch das Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen untersagt werden kann. Der BayVGH hat nun entschieden, dass das derzeit geltende Recht keine Grundlage für ein Verbot bietet, fahrerlaubnisfreie Fahrzeuge zu führen und hob ein entsprechendes an den Kläger gerichtetes Fahrverbot auf. In den Entscheidungsgründen wies das Gericht darauf hin, dass das Recht auf Mobilität in Form der allgemeinen Handlungsfreiheit grundrechtlich geschützt sei. Das vom Kläger gerügte Fahrverbot stelle nun einen schwerwiegenden Eingriff in die als Ausprägung der allgemeinen Handlungsfreiheit grundrechtlich geschützte Mobilität und eine erhebliche Belastung für die Betroffenen dar. Deshalb könne § 3 Abs. 1 Satz 1 FeV, auf den die behördliche Praxis die Verbote stützt, nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, denn diese Vorschrift regele die Anforderungen an die Eignung zum Führen von fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen nicht hinreichend bestimmt. Insbesondere lasse diese Regelung weder für sich allein, noch im Zusammenhang mit anderen Vorschriften erkennen, wann eine Person zum Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge denn nun konkret ungeeignet sei und wie man dies feststellen müsse. Anders als für das Führen von fahrerlaubnispflichtigen (Kraft-)Fahrzeugen gebe es hierfür keine ausreichenden Hinweise aus dem Gesetzgebungsverfahren oder andere konkretisierende Regelwerke, sodass auch eine der Maßstäbe für das Führen von Kraftfahrzeugen auf das Führen von Fahrrädern oder E-Scootern wegen des unterschiedlichen Gefahrenpotentials nicht möglich sei. Da das Fehlen entsprechender rechtlicher Maßstäbe zu unverhältnismäßigen Verboten führen könne, sei das gegen den Kläger angeordnete Fahrverbot aufzuheben (06.07.23 ra).