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ZIVILRECHT: Ungewollter Anzeigenauftrag, was nun?

Vor einigen Tagen hatten wir über unberechtigte Mahnungen berichtet, die im Zusammenhang mit angeblich abgeschlossenen Anzeigenaufträgen stehen. Wir wurden daraufhin von Mandanten darauf angesprochen, ob man sich gegen entsprechende Zahlungsaufforderungen erfolgversprechend zur Wehr setzen kann. Hier die wichtigsten Antworten: Sehr häufig werden Anschreiben oder Telefaxnachrichten versandt, die wie Rechnungen aussehen. Tatsächlich beinhalten sie aber nur ein Angebot für einen Anzeigenauftrag, sodass sie häufig wegen arglistiger Täuschung auch durch einen Unternehmer anfechtbar sind. Vorausgesetzt wird, dass die vermeintliche Rechnung objektiv zur arglistigen Täuschung geeignet ist und zu diesem Zweck verwendet wird. Auch dann, wenn ein vermeintlicher Korrekturabzug unterschrieben wurde, der einen kostenpflichtigen Auftrag beinhaltete, berechtigt dieser Sachverhalt grundsätzlich auch einen Unternehmer zur Anfechtung seiner diesbezüglichen Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung, wenn auf den entgeltlichen Auftragscharakter nur am Rande hingewiesen wurde und das Formular objektiv irreführend gestaltet worden ist. Auch hier spielt die Unaufmerksamkeit des Unternehmers keine Rolle. Kritisch ist es, wenn man die Frist zur Anfechtung eines Vertrages wegen arglistiger Täuschung von einem Jahr verstreichen ließ, eine Anfechtung ist dann grundsätzlich nicht mehr möglich. Geprüft werden sollte gleichwohl, ob unter engen Voraussetzungen die Klauseln des Formulars wegen eines Verstoßes gegen § 305c BGB unwirksam sind und der Vertrag gar nicht erst wirksam zustande gekommen ist. Empfehlenswert erscheint es in einem solchen Fall allerdings, fachkundige Hilfe durch einen versierten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Übrigens: Auch dann, wenn Sie eine Rechnung schon bezahlt haben, lohnt sich meist der Gang zum Anwalt, denn es ist sehr wahrscheinlich, dass noch zwei, drei oder mehr sechs Rechnungen folgen werden. Darüber hinaus besteht durchaus die Möglichkeit, dass die bereits bezahlte Rechnung(en) zurückverlangt werden kann, zumindest dann, wenn die Anzeigenfirma ihren Sitz oder eine Niederlassung in Deutschland hat. Drohungen mit einer Klage in der Schweiz oder dem sonstigen Ausland dienen in aller erster Linie dazu, den Rechnungsempfänger einzuschüchtern. Abgesehen davon, dass Länder wie bspw. England, Schweiz oder Österreich über gut funktionierende Rechtssysteme verfügen, sollte die Wirksamkeit einer entsprechenden Gerichtsstandsklausel und die Vereinbarung der Geltung ausländischen Rechts geprüft werden. Auch ein Unternehmer haftet nicht in jedem Fall für seine Unterschrift, auch ein Unternehmer kann einen Vertrag anfechten, wenn über dessen Inhalt belogen, nicht ordnungsgemäß aufgeklärt oder das Formular bewusst irreführend gestaltet worden ist. Anwaltliche Unterstützung ist empfehlenswert, ein sachkundiger Rechtsvertreter sollte in der Lage sein, über etwaige Erfolgsmöglichkeiten realistisch aufzuklären. Übrigens: Die Erfahrung zeigt, dass ein längeres Zuwarten ebenso wenig dazu beiträgt, das Problem zu lösen, wie eine falsche Reaktion auf Korrekturabzüge, Rechnungen oder Mahnungen, zumal ab Unterschriftsleistung auch wiederum Fristen zur Abgabe von Erklärungen laufen, die unbedingt einzuhalten sind. Ein sachkundiger Rechtsanwalt informiert Sie vollständig über potentielle Widerrufsmöglichkeiten, er klärt Sie ferner über Kündigungsmöglichkeiten auf und prüft, ob eine Anfechtung Ihrer Willenserklärung Aussicht auf Erfolg bietet (20.05.21 ra).

STRAßENVERKEHRSRECHT AKTUELL: Verlassen der Unfallstelle kann zum Verlust des Kaskoschutzes führen

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hat in einem Hinweisbeschluss vom 11.12.2020 (Az.: 12 U 235/20) einen Kläger darauf hingewiesen, dass dann, wenn der Fahrer eines an einem Unfall beteiligten Fahrzeugs den Unfallort verlässt, ohne die Polizei und/oder seine Kaskoversicherung über den Unfall zu informieren, die in den Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) festgelegte Wartepflicht verletzt werden kann, was wiederum zur Folge hat, dass die Kaskoversicherung den Schaden nicht regulieren muss. In dem zugrundeliegenden Sachverhalt war der Kläger auf der Autobahn bei Tempo 100 km/h ohne Fremdeinwirkung mit der Leitplanke kollidiert. Anschließend fuhr er bis zum nächstgelegenen Rastplatz weiter, wo er den an seinem Fahrzeug entstandenen Schaden, nämlich Streifspuren über die gesamte linke Fahrzeugseite hinweg, in Augenschein genommen hatte. Danach setzte er seine Fahrt fort, ohne die Polizei über den Vorfall zu informieren. Seine Kaskoversicherung informierte er erst vier Tage später durch Übersendung einer entsprechenden Schadensanzeige. Die Reparatur des Streifschadens am Pkw des Klägers löste Kosten Höhe von EUR 22.217,16 aus, welche die Kaskoversicherung nicht übernahm, sodass der Kläger Klage zum zuständigen Landgericht erhob, das die gegen die Vollkaskoversicherung gerichtete Klage abwies und den Kläger darauf hinwies, dass der Versicherer von seiner Leistungspflicht frei geworden sei, weil der Kläger vorsätzlich die ihn aus Buchstabe E 1.3 Satz 2 AKB treffende Wartepflicht verletzt und hierdurch dem Versicherer wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall unmöglich gemacht habe. Dieses Urteil wollte der Versicherungsnehmer nicht akzeptieren und erhob gegen dieses Urteil Berufung mit der Begründung, dass ihm die Einhaltung der Wartepflicht bei vorbeifahrenden Fahrzeugen, die eine Geschwindigkeit von 100 km/h aufgewiesen hätten, auf einer vielbefahrenen Autobahn nicht möglich gewesen sei. Dieser Schlussfolgerung ist das OLG Koblenz nun entgegengetreten und wies den Kläger darauf hin, dass die Berufung des Klägers als nicht erfolgversprechend eingeschätzt werde, denn die beklagte Kaskoversicherung müsse tatsächlich aufgrund der Pflichtverletzung des Klägers nicht regulieren. Ein Fahrer verletze die festgelegte Wartepflicht jedenfalls dann, wenn er durch das Verlassen der Unfallstelle den Straftatbestand der Unfallflucht (§ 142 Strafgesetzbuch) verwirkliche, was vorliegend der Fall gewesen sei. Denn der Kläger habe aufgrund des Schadensbildes am Fahrzeug davon ausgehen müssen, dass bei der Kollision nicht nur ein erheblicher Schaden am eigenen Fahrzeug, sondern auch „ein nicht völlig belangloser Fremdschaden an der Leitplanke“ entstanden sei. Deshalb sei der Kläger verpflichtet gewesen, an der Unfallstelle zu warten, wobei es dahinstehen könne, ob es ihm zumutbar gewesen wäre, in unmittelbarer Nähe zur Unfallstelle, beispielsweise auf dem Standstreifen der Autobahn, anzuhalten, um den Unfall zu melden. Vorzuwerfen sei dem Kläger jedenfalls, dass er auch an der nächsten regulären Anhaltemöglichkeit, dem Rastplatz, weder die Polizei noch seine Kaskoversicherung informiert habe, wodurch er Kläger seiner Kaskoversicherung wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall erschwert habe, beispielsweise dazu, ob er das versicherte Fahrzeug tatsächlich zum Unfallzeitpunkt gelenkt habe, ob seine Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt gewesen sei oder ob andere Gründe für einen Wegfall oder eine Einschränkung des Versicherungsschutzes vorgelegen hätten. Der Verstoß gegen die Wartepflicht führe deshalb letztlich dazu, dass die Versicherung die Schadensregulierung zurecht abgelehnt habe (12.05.21 ra).