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ALLE ENTSCHEIDUNGEN UND BEITRÄGE SIND NACH BESTEM WISSEN ZUSAMMENGESTELLT. EINE HAFTUNG FÜR DEREN INHALT ÜBERNEHMEN WIR JEDOCH NICHT. FÜR RÜCKFRAGEN STEHEN WIR IHNEN NATÜRLICH GERNE ZUR VERFÜGUNG.

RECHT KURIOS: Rechtfertigt Stuhldrang eine Geschwindigkeitsüberschreitung?

Eine – insbesondere für „Vielfahrer“ – sicherlich berechtigte Frage! Im zugrunde liegenden Fall litt ein Autofahrer unter einer Durchfallerkrankung. Deshalb wollte er schnellstmöglich den nächsten Parkplatz erreichen, um dort seinem Stuhldrang nachgeben zu können. Das Amtsgericht Grünstadt verurteilte den Ärmsten wegen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit außerorts um 50 km/h zu einer Geldbuße und verhängte außerdem ein einmonatiges Fahrverbot gegen den Raser (Urt. vom 16.09.1996, Az.: 5289 Js 7884/96). Das Amtsgericht war der Ansicht, dass der Fahrer „notfalls seinem Druck im Magen-Darm-Bereich während der Fahrt“ nachgeben und die „Verschmutzung seiner Wäsche“ hätte in Kauf nehmen müssen. Der Autofahrer berief sich hingegen auf einen Fall von „höherer Gewalt“, was sicherlich nicht aus der Luft gegriffen war. Das Oberlandesgericht Zweibrücken hob das Urteil des Amtsgerichts, das einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalte, auf und verwies es zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück (OLG Zweibrücken am 19.12.1996, Az.: 1 Ss 291/96). Nur unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in objektiver und subjektiver Hinsicht könne bestimmt werden, ob das gesamte Tatbild vom Durchschnitt der erfahrungsgemäß vorkommenden Fälle (Regelfall) in einem solche Maße abweiche, dass ein Fahrverbot unangemessen wäre. Hierfür müsse zwischen dem Schamgefühl und damit der Würde des Fahrers einerseits sowie der Sicherheit des Straßenverkehrs andererseits abgewogen werden, meinte das Oberlandesgericht. Insbesondere hätte das Amtsgericht prüfen müssen, ob der Betroffene sich nicht auch auf andere Weise aus seiner Notlage hätte helfen können, als durch die erwiesene Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit. Das habe das Gericht nicht abschließend geprüft. Insofern bedürfe es daher weiterer Feststellungen darüber, ob es dem Betroffenen überhaupt möglich gewesen wäre, seiner Notlage dadurch zu begegnen, dass er mit seinem Fahrzeug beispielsweise auf dem Seitenstreifen der Autobahn angehalten hätte, um sich dort – hinter seinem PKW vor zudringlichen Blicken geschützt – seiner Notdurft zu entledigen. Sofern diese Möglichkeit bestanden habe, könne sich der vom Betroffenen gewählte Weg als grober Verstoß mit der Folge eines Fahrverbots erweisen, was das Amtsgericht – wie auch immer – deshalb zu prüfen habe (09.09.2021 ra).

RECHT INTERESSANT: Gilt ein Samstag eigentlich als Werktag?

Das ist in der Tat eine interessante und berechtigte Frage, die sich beispielsweise im Zusammenhang mit dem Parken im Bereich eines  Halteverbotsschildes, das nur an Werktagen gilt, oder bei der Auslegung einzelner Regelungen in Mietverträgen stellen kann! Klar ist, dass die Tage von Montag bis Freitag als Werktage gelten, doch was ist mit dem Samstag? Nach Ansicht der Gerichte ist der Samstag als Werktag anzusehen (Oberlandesgericht (OLG) Hamm, Beschluss vom 07.03.2001, Az.: 2 Ss OWi 127/01). Beachten müssen Sie allerdings, dass der Begriff des „Werktags“ nicht mit dem des „Arbeitstags“ verwechselt wird. Als Arbeitstage werden in der Regel die Tage von Montag bis Freitag bezeichnet, da an diesen Tagen die meisten Arbeitnehmer arbeiten müssen. Ein „Werktag“ wird dagegen von den Sonn- und Feiertagen abgegrenzt, wobei diese Ansicht auf eine Regelung im Bundesurlaubsgesetz gestützt wird. Dort ist nämlich festgelegt, dass Arbeitnehmern mindestens 24 Werktage pro Jahr Urlaub zusteht, § 3 Abs. 1 BUrlG. Nach § 3 Abs. 2 BUrlG gelten als Werktage alle Tage bis auf Sonn- und Feiertage, sodass der Samstag demzufolge zu den Werktagen zählt. Dies gilt beispielsweise auch im Verkehrsrecht bei der Anordnung eines Park- oder Halteverbots („Parken werktags verboten“). Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs (BGH) gilt der Samstag im Bereich des Mietrechts jedoch dann nicht als Werktag, wenn es um die Zahlungsfrist der Miete geht (BGH, Urteil vom 13.07.2010, Az.: VIII ZR 129/09 und VIII ZR 291/09). Zwar muss nach § 556b Abs. 1 BGB die Miete spätestens am dritten Werktag des laufenden Monats entrichtet werden, im Mietrecht soll der Samstag allerdings nicht als Werktag gelten, was der BGH damit begründet, dass Mietzahlungen in der Regel durch Überweisungen getätigt werden. Bankgeschäftstage seien aber wiederum nur die Tage von Montag bis Freitag, sodass sich für einen Mieter die dreitägige Schonfrist für Mietzinszahlungen bei Zahlungen über Bankinstitute um einen Tag verkürzen würde, wenn der Samstag bei der Berechnung der 3-Tages-Frist als Werktag mitgerechnet würde, was aber dem Schutzzweck der Schonfrist widersprechen würde. Bei Mietzinszahlungen zählt der Samstag demzufolge nicht als Werktag, was das Verständnis der Materie für Laien nicht unbedingt erleichtert. (02.09.2021 ra)