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MIETRECHT: Wird die Saal-Miete für eine Hochzeitsfeier geschuldet, wenn die Hochzeit wegen Corona abgesagt wurde?

Viele Feiern mussten während der Corona-Pandemie abgesagt werden, leider auch Geburtstage, Jubiläen und Hochzeiten. Doch in vielen Fällen waren die Räumlichkeiten für die Feier bereits angemietet. Dass die Miete dann trotz des Ausfalls der Feier fällig werden kann, hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (Urteil vom 02.03.2022, Az.: XII ZR 36/21). Ein Hochzeitspaar sollte EUR 2.600,00 an den Vermieter der Veranstaltungsräume zahlen, obwohl die Feier aufgrund der Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen abgesagt werden musste. Braut und Bräutigam wollten auch die vom Vermieter angebotenen Ausweich-Termine nicht wahrnehmen, sodass sich der Vermieter weigerte, die vorausbezahlte Miete zurückzuzahlen. Die Klage des Hochzeitspaars landete letzten Endes vor dem BGH, der entschied, dass die Miete nicht zurückbezahlt werden muss. Dies beruht im Wesentlichen auf drei Gründen: Einerseits hätten die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie nicht zu einer Unmöglichkeit der Leistung geführt (§§ 326 Abs. 1, 275 Abs. 1 BGB), dem Vermieter sei es trotz des zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier bestehenden Versammlungsverbots und der geltenden Kontaktbeschränkungen nicht unmöglich gewesen, dem Brautpaar den Gebrauch der Mietsache zum vereinbarten Mietzweck zu gewähren. Weiter sei aber auch eine Mietminderung des Mietzinses ausgeschlossen (§ 536 Abs. 1 BGB), denn eine Mietsache sei nicht mangelhaft, wenn die dort geplante Veranstaltung nicht stattfinden könne. Damit seien auch ein Rücktritts- und ein außerordentliches Kündigungsrecht ausgeschlossen (§§ 326 Abs. 5, 543 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Schließlich bestehe nach Ansicht des Gerichts auch wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage aufgrund der Corona-Pandemie keine vollständige oder teilweise Befreiung von der Mietzahlungspflicht. Grundsätzlich seien Verträge aufrechtzuerhalten und ggf. der veränderten Sachlage anzupassen. Nur wenn dies nicht möglich oder für eine der Vertragsparteien unzumutbar ist, komme ein Vertragsrücktritt in Frage (§ 313 Abs. 3 BGB). Sofern der Vermieter eine Verlegung der Hochzeitsfeier auf diverse andere Termine angeboten habe, beschränke sich der vertragliche Anspruch auf eine Anpassung des Vertrags, was insbesondere hier gelte, weil die standesamtliche Trauung bereits zwei Jahre zurücklag und die Hochzeitsfeier daher weder in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der standesamtlichen noch mit der kirchlichen Trauung stand (22.09.2022 ra).

ARBEITSRECHT: 7 kuriose Kündigungen (Sachen gibt`s)…

Nicht-Juristen dürften über die nachfolgend beschriebenen Kündigungen staunen, wetten dass?

  1. Freundin zu alt geschätzt:Eine Auszubildende schätzte die Freundin ihres vorgesetzten Rechtsanwalts auf „circa 40 Jahre“. Unklug war es, bei der Bekanntgabe des tatsächlichen Alters (31 Jahre) lauthals zu lachen. Der taktisch sicherlich nicht klug vorgehende Kollege schlug ihr daraufhin drei Mal leicht auf die Schulter, sodass sich die Azubine für die folgenden Tage krankmeldete und daraufhin die Kündigung erhielt. Die Auszubildende klagte gegen die Kündigung und erhielt im Wege eines Vergleichs EUR 333,00. Schon während des Rechtsstreits hatte sie einen neuen Ausbildungsbetrieb gefunden.
  2. „Jesus hat Sie lieb“:Jedes Telefonat beendete der Mitarbeiter eines Call-Centers mit der Abschiedsformel: „Jesus hat Sie lieb und noch einen schönen Tag!“ Die Aufforderungen seines Arbeitgebers, diesen Spruch zu unterlassen, ignoriert der Mitarbeiter wegen „religiöser Gewissenskonflikte“. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm stufte die daraufhin ausgesprochene außerordentliche Kündigung als gerechtfertigt ein, da der gekündigte Mitarbeiter seine Gewissenskonflikte nicht überzeugend darlegen konnte. Zudem habe er sich „arbeitsvertragswidrig“ verhalten. (LAG Hamm Az. 4 Sa 2230/10 )
  3. Chef nicht gegrüßt:Ein Arbeitnehmer hatte seinen Chef zwei Mal bei einem privaten Waldspaziergang getroffen, woraufhin der Vorgesetzte freundlich grüßte, der Arbeitnehmer hingegen nicht. Danach trafen sich die Parteien vor Gericht und wurden darauf hingewiesen, dass die mehrfache Verweigerung des Grußes keine grobe Beleidigung des Chefs darstelle (so jedenfalls das LAG Köln). Deshalb sei die Kündigung unwirksam.
  4. Die Maultaschen-Kündigung:Eine Altenpflegerin nahm in einem Seniorenheim sechs Maultaschen mit, die sonst im Müll gelandet wären, woraufhin der Arbeitgeber nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit wegen Diebstahls kündigte. Die Klägerin und der Arbeitgeber einigten sich in zweiter Instanz auf einen Vergleich, wonach die Arbeitnehmerin eine Abfindung von EUR 25.000,00 erhielt und rückwirkend Lohn in Höhe von EUR 17.500,00. Den Job gab es aber nicht zurück.
  5. „Kollegenschwein“ reicht nicht für fristlose Kündigung:Nach einer Arbeitsunfähigkeit bezeichnete ein technischer Angestellter seinen Teamleiter im Rahmen eines beruflichen Wiedereingliederungsgesprächs mehrfach als „Kollegenschwein“. Für eine fristlose Kündigung hat das, jedenfalls nach Ansicht des LAG Köln, nicht gereicht, obwohl der Arbeitnehmer seine Pflichten klar verletzt hatte. Die richtige Reaktion wäre eine Abmahnung gewesen, sodass der Arbeitgeber den Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens weiter beschäftigen muss.
  6. Stromklau“ für 1,8 Cent:Ein Netzwerkadministrator hatte an seinem Arbeitsplatz den Akku seines Elektrorollers aufgeladen und dadurch Stromkosten in Höhe von 1,8 Cent ausgelöst. Dadurch fühlte sich sein Arbeitgeber bestohlen und kündigt fristlos. Zu Unrecht, wie das LAG Hamm feststellte: Nach 19 Jahren im Betrieb rechtfertige der geringfügige Stromdiebstahl zwar eine Abmahnung, keinesfalls jedoch eine fristlose Kündigung. (Az. 16 Sa 260/10)
  7. Schneckentempo?Eine hessische Architektin hatte nach 96 Arbeitstagen ein Gutachten noch immer nicht fertiggestellt, obwohl die Vorgesetzten in der Kreisverwaltung hierfür lediglich 40 Arbeitstage eingeplant hatten. Nach schriftlichen Arbeitsanweisungen und einer Abmahnung wurde der Architektin gekündigt, zu Recht, wie das Arbeitsgericht Frankfurt entschied. Eine derartige zeitliche Verzögerung müsse der Arbeitgeber nicht hinnehmen. (Az. 2 Ca 254/04)

Übrigens: Im Arbeitsrecht gibt es eine Besonderheit zu sonstigen zivilrechtlichen Verfahren:  Unabhängig davon, wie das Verfahren ausgeht, müssen Arbeitnehmer die Kosten für die erste gerichtliche Instanz grundsätzlich immer selbst tragen. Das bedeutet, dass selbst dann, wenn man gegen den Arbeitgeber gewinnt, die eigenen Anwaltskosten aus eigener Tasche bezahlt werden müssen (15.09.2022 ra).