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STRAFRECHT: Achtung: Falsche Uniform mit Buchstabensalat „POZILEI“ kann strafbar sein

Nachdem das Landgericht (LG) Paderborn im Rahmen eines Berufungsverfahrens einen Angeklagten wegen des unbefugten Tragens von Uniformen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je EUR 55,00 verurteilt hatte, verwarf das Oberlandesgericht (OLG) Hamm die Revision des Angeklagten gegen dieses Urteil, sodass die Verurteilung nun rechtskräftig geworden ist (Urteil vom 16.08.2022, Az.: 03 Ns – 47 Js 393/20). Was war geschehen? Im Februar 2020 fuhr der Angeklagte zur Mittagszeit mit seinem Pedelec durch Paderborn, wobei er unter anderem eine dunkelblaue Hose und eine neonfarbene Jacke mit dunkelblauen Elementen, silberfarbenen Reflektorstreifen und der Aufschrift „POZILEI“ in großen, grau-silberfarbenen Druckbuchstaben trug. An einer Kreuzung hielt er neben einem Auto an und klopfte gegen die Seitenscheibe der Fahrerin, um seinen Unmut über deren vorangegangene Fahrweise zum Ausdruck zu bringen. Dabei gab er sich nicht als Polizeibeamter aus, sodass ihm zunächst einmal keine Amtsanmaßung zur Last gelegt wurde. Allerdings wertete das Landgericht das Verhalten des Angeklagten als unbefugtes Tragen von Uniformen, für das es nach dem Gesetz bereits ausreiche, wenn eine zum Verwechseln ähnliche Uniform getragen wird. Diese Ähnlichkeit zu einer Polizeiuniform wiederum bejahte das Landgericht und wies auf den Gesamteindruck in der konkreten Situation und den Aufdruck „POZILEI“ hin. Die Beschriftung der Jacke mit diesem tatsächlich nicht existenten Wort werde bei flüchtiger Betrachtung als „POLIZEI“ gelesen, da gegenüber diesem tatsächlich existierenden Wort lediglich zwei Buchstaben vertauscht worden seien. Genau hierauf ziele der „Buchstabensalat“ ja auch ab. Das OLG Hamm bestätigte nun diese Entscheidung und führte aus, dass das Tragen einer neongelben Warn- und Schutzjacke, welche sich von den Uniformjacken der nordrhein-westfälischen Fahrradpolizei lediglich dadurch unterscheide, dass auf der Rückseite in grau-reflektierenden Buchstaben das Wort „POZILEI“ statt „POLIZEI“ aufgedruckt sei, geeignet ist, eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 132 a Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 StGB (Strafgesetzbuch) zu begründen. Dem stehe auch das Tragen einer dunklen Hose oder Jeans nicht entgegen, wenn das gesamte Erscheinungsbild einen objektiven, nicht besonders sachkundigen und nicht genau prüfenden Beobachter zu der Annahme führe, dass es sich um eine Polizeiuniform handele. Auch sei es unerheblich, dass die Autofahrerin hier letztlich doch noch bemerkt hätte, keinen Polizeibeamten vor sich zu haben. Denn die Vorschrift solle schon vor der bloßen Gefahr von Verwechslungen schützen (17.11.2022 ra).

RECHT AKTUELL: Sind Winterreifen in Deutschland eigentlich Pflicht?

Nachdem wir in der vergangenen Woche über Nebelscheinwerfer berichteten, widmen wir uns heute einem weiteren „herbstlichen“ bzw. winterlichen Thema: Stand November 2022 ist in Deutschland niemand verpflichtet, in der kalten Jahreszeit Winterreifen aufziehen. Aber: Auf winterlichen Straßen gilt ein Fahrverbot für Fahrzeuge mit Sommerreifen, bei Verstößen droht ein empfindliches Bußgeld. Grundsätzlich gibt es in Deutschland, wie übrigens in vielen europäischen Ländern, keine generelle Winterreifenpflicht, auch wenn die Regel, dass „von O bis O“ (Oktober bis Ostern) Winterreifen sinnvoll sind, sicherlich nicht aus der Luft gegriffen ist. Wer allerdings auf Sommerreifen durch die kalte Jahreszeit fahren will, muss mit Einschränkungen leben, denn es gilt eine sogenannte situative Winterreifenpflicht, die besagt, dass ein Auto, das mit Sommerreifen ausgestattet ist, stehen bleiben muss, sobald auf der Straße winterliche Verhältnisse herrschen. Einen konkreten Zeitraum für die Nutzung von Winterreifen legt die Straßenverkehrsordnung hingegen nicht fest. Vorgeschrieben sind sie laut § 2 Abs. 3a StVO nur, wenn auf der Straße winterliche Verhältnisse mit „Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte“ herrschen. Wer sein Auto bei solchen Bedingungen nicht bewegt, sondern zuhause stehen bleiben lässt, muss auch keine Winterreifen aufziehen. Dass dies in der Praxis allerdings schwierig werden kann, liegt auf der Hand. Denn wenn an einem trockenen und sonnigen Wintertag rein rechtlich nichts gegen eine Fahrt auf Sommerreifen spricht, muss die Tour enden, sobald Schnee oder Regen fällt und dadurch winterliche Straßenverhältnisse einsetzen. Für Motorräder und andere Zweiräder gilt die Winterreifenpflicht übrigens grundsätzlich nicht. Wird ein Kraftfahrzeugführer von der Polizei bei Glatteis oder Schneematsch mit Sommerreifen auf der Straße erwischt, sind mindestens EUR 60,00 und ein Punkt in der Flensburger Verkehrssünderkartei fällig. Wer andere Verkehrsteilnehmer behindert, muss EUR 80,00 berappen. Wer gar einen Unfall verursacht, ist mit EUR 120,00 dabei. Übrigens erhält auch der Fahrzeughalter ein Bußgeld in Höhe von EUR 75,00 und einen Punkt in Flensburg aufgebrummt, was gerne übersehen wird. Winter- oder Ganzjahresreifen für den Winter müssen das „Alpine“-Symbol, ein dreigezacktes Bergpiktogramm mit einer Schneeflocke tragen, die Kennzeichnung „M+S“ allein reicht heute grundsätzlich nicht mehr aus. Reifen, die nur das M+S-Symbol tragen, aber vor dem 1. Januar 2018 hergestellt worden sind, dürfen allerdings noch bis zum 30. September 2024 auch bei Schnee gefahren werden. Ob dies klug ist, steht auf einem anderen Blatt. Schneeketten sind Übrigens keine angemessene Alternative zu Winterreifen, denn sie dürfen nur bei einer geschlossenen Schneedecke auf der Fahrbahn aufgezogen werden. Laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) bleibt der Haftpflicht-Schutz für Autofahrer auch mit Sommerreifen bestehen, wenn sie im Winter einen Unfall verursachen. Das heißt also, dass die Versicherung dem Unfallopfer den Schaden ersetzt. Anders kann es allerdings beim Vollkasko-Schutz aussehen, der den Schaden am eigenen Fahrzeug abdecken soll. Wenn Autofahrer fahrlässig mit Sommerreifen unterwegs gewesen sind, kann die Versicherung die Zahlung zumindest kürzen (10.11.2022 ra).